Seit Juli 2019 leisten die Lots*innen von PONTIS Freimann, einer Einrichtung der Diakonie Hasenbergl e.V. , eine wertvolle Hilfestellung für Migrant*innen im Münchner Norden beim Verstehen und Ausfüllen von Anträgen und Formularen.  

Mehr als 55.000 Menschen leben im Stadtbezirk Schwabing-Freimann, fast jeder sechste von ihnen, immerhin mehr als 16.600 Menschen, stammt aus einer Familie, die aus 60 verschiedenen Nationen nach München eingewandert ist. Dabei sind es nicht nur Sprachbarrieren, die das Leben in München schwierig gestalten; die Migrant*innen benötigen Hilfe, um Leistungsansprüche wie Wohn-, Elterngeld oder Grundsicherung beantragen zu können.

Dass es in Freimann ein weiteres PONTIS-Büro gibt, ist großzügigen Förderungen der SKala-Initiative und der Landeshauptstadt München zu verdanken. Über 4200 Klient*innen konnten die Lots*innen dadurch helfen, ihr Leben in München neu zu ordnen. Drei Jahre später werfen Pädagog*innen und Lots*innen einen Blick zurück: Welche Wirkung hat die Arbeit der Lots*innen und pädagogischen Mitarbeitenden von PONTIS Freimann tatsächlich gehabt?

Franziska Großmann und Inna Baklanova, die die Einrichtung leiten, nehmen sich Zeit für eine Retrospektive und wagen den Blick auf zukünftige Herausforderungen.

Franziska Großmann:
PONTIS unterstützt die Behörden, in dem Lots*innen gemeinsam mit den Kund*innen die Anliegen bearbeiten, sortieren, besprechen und notwendige Informationen und Unterlagen zusammentragen. Dadurch sind bei den Terminen bei den Ämtern und Behörden weniger offene Fragen und gestärkte Menschen.

Inna Baklanova:
Die Lots*innen ermitteln den Hilfebedarf entsprechend den Vorgaben der sozialpädagogischen Fachkräfte, leisten Sprachmittlung und Formularhilfe. Sie informieren über Hilfsangebote und vermitteln an die entsprechenden Fachstellen und Behörden. Die Fachkräfte dieser Anlaufstellen werden durch die Zuarbeit unserer Lots*innen entlastet und können sich auf ihre Kernprozesse konzentrieren.

Franziska Großmann:
Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Wenn es uns nicht gebe, würden die Menschen vielleicht keine Hilfe in Anspruch nehmen, nicht wissen, dass ihnen Hilfe und Unterstützung zusteht. Würden diese Menschen sich uns mitteilen? Zumindest ist deutlich geworden, dass die Menschen, die PONTIS Freimann aufgesucht haben, sich im Umgang mit Behörden und Ämtern sicherer fühlen, sie andere Einrichtungen kennengelernt haben.

Franziska Großmann:
Bei PONTIS Freimann arbeiten Lost*innen, welche über einen eigenen Migrationshintergrund verfügen. Sie sind offen und wertschätzend den vielen Kulturen gegenüber, die uns um Hilfe bitten. Den Menschen wird das Ankommen und Willkommen in München leichter und erlebbar gemacht.

Inna Baklanova:
Die Kund*innen sollen langfristig befähigt werden, sich mit ihren Anliegen selbständig an die entsprechenden Stellen im Münchner Hilfesystem zu wenden. Wenn sie sich um die Existenz nicht mehr fürchten müssen, werden bei ihnen Ressourcen für die Konzentration auf den Erwerb der deutschen Sprache frei. Dies eröffnet den Migrant*innen neue Chancen auf Interaktion und Teilhabe an der Gemeinschaft.

Franziska Großmann:
Das stimmt, viele Menschen mit Migrationshintergrund haben schlechte Chancen auf einen Arbeitsplatz. Sei es durch die fehlenden Sprachkenntnisse, mangelnde Berufserfahrung oder durch nicht-anerkannte  Berufsabschlüsse. Bei PONTIS sind Lots*innen nach dem Beschäftigungsmodell TAM (Teilhabe am Arbeitsmarkt) als Mitarbeitende  der Diakonie Hasenbergl angestellt. Diese Lots*innen haben die gleichen Aufgaben, werden gefördert, haben einen vollwertigen Arbeitsplatz und sind vollständig in die Diakonie Hasenbergl integriert.

Franziska Großmann:
Wir können keine Wohnungen vermitteln, bzw. aktiv die Menschen bei der Arbeitssuche unterstützen. Aber wir können zu anderen Einrichtungen oder Behörden vermitteln, die genau diese Unterstützungsangebote haben.

Inna Baklanova:
Bei PONTIS wird immer geholfen! Auch wenn ein Problem nicht sofort gelöst werden kann, finden hier alle Kund*innen Unterstützung. Die Lots*innen nehmen den Kund*innen die Angst, hören wertschätzend zu und weisen sehr höflich hin, was die nächsten Schritte sind, um an diesem Problem zu arbeiten.

Franziska Großmann:
PONTIS wirkt auf verschiedenen Ebenen. Zu einem konnte belegt werden, dass die Zusammenarbeit mit unseren Partner*innen, dem Sozialbürgerhaus, Jobcenter und Bezirkssozialarbeit, für die Menschen von großer Bedeutung ist. Unsere Kund*innen können Anträge gezielt, vollständig und fristgerecht stellen. Diese Anträge können schneller bearbeitet werden, Ablehnungsbescheide werden seltener wegen mangelnder Mitwirkung verschickt. Dies bewirkt, dass die Menschen weniger Angst vor Behörden haben und positive Erfahrungen sammeln können.

Franziska Großmann:
Kund*innen geben an, dass sie sich nun im Umgang mit Behörden sicherer fühlen, sie mit Anträgen selbstständiger zurechtkommen.

Franziska Großmann:
Unsere Kund*innen kommen von allen 5 Kontinenten, insgesamt aus 53 Ländern. Darunter sind junge Familien, wir beobachten aber, dass die Menschen, die uns besuchen, einfach älter werden. Ein großes Problem, das wir bereits jetzt ausmachen, ist die zunehmende Altersarmut.

Franziska Großmann:
Durch weiteren sozialgerechten Wohnungsbau auf verschiedenen Arealen wird es in den kommenden Jahren zu einem starken Zuzug von neuen Bewohner*innen im Stadtbezirk kommen. Dadurch wird der Bedarf an Unterstützung von PONTIS Freimann kontinuierlich steigen.

Franziska Großmann:
Die Arbeit in einem internationalen Team ist auf jeden Fall immer ereignisreich, manchmal sind einzelne Prozesse etwas umständlich. Sicherlich wird es nicht langweilig bei uns.. Zumindest verfügen wir alle über eine große Menge Humor, die uns über die teilweise schwierigen Anliegen hinweghilft.

Inna Baklanova:
Die Zusammenarbeit in unserem internationalen Team empfinde ich als sehr angenehm, vertrauensvoll und spannend. Unsere kulturellen Unterschiede sind keine Hindernisse für gelungene Teamarbeit, sondern ganz klar unsere Ressourcen. Jedes Teammitglied bringt eigene Stärken mit und unterstützt bei Bedarf die Anderen. Gegenseitiges Vertrauen und Respekt zeichnet unser Team aus. Die Lots*innen arbeiten jeden Tag mit vollem Elan und haben Freude an ihrer Arbeit!

Franziska Großmann:
Die Dankbarkeit und das Lächeln, für jede noch so kleine Unterstützung durch die Lots*innen bei ihrer Arbeit.

Inna Baklanova:
Mindestens einmal in der Woche habe ich ein schönes Erlebnis bei PONTIS und zwar wenn wir uns alle zu einer Teamsitzung treffen. Die Lots*innen erzählen von den Erfolgen der vergangenen Woche, schwierige Fälle werden in der Runde besprochen. Ihr Engagement, ihre Geduld und ihr Wissen beeindrucken mich sehr!