Aktive Beteiligung und Mitgestaltung

Erst im Frühsommer haben die Vertreter*innen der Diakonie Hasenbergl mit Unterstützung der Zukunftsstiftung Ehrenamt in Bayern die Anwohnenden im Hasenbergl zu einem Bürger*innenrat geladen. Unter dem Motto „Gemeinsam gut leben im Hasenbergl“ haben die Teilnehmenden an zwei Workshop-Tagen Ideen entwickelt, was es für mehr Lebensqualität und – für mehr Miteinander – im Hasenbergl braucht. „Wir wollten mit den Menschen vor Ort Angebote und Projektideen ausfindig machen, die die Lebensqualität steigern und auf Bedarfe eingehen. Das Miteinander im Viertel, das zusammen.tun., geriet in allen Beiträgen des Workshops in den Mittelpunkt: Die Menschen wollen sich für ein friedliches und lebendiges Miteinander in der Nachbarschaft treffen und austauschen. Doch die Anzahl der Menschen, die sich tatsächlich für die Gemeinschaft und ein nachbarschaftliches Netz engagieren, ist, gemessen an der Zahl der Anwohnenden, noch gering. Die Teilnehmenden haben deshalb mit weiteren Gästen im abschließenden Stadtteilforum konkrete Projektideen diskutiert mit denen sie die Brücken zwischen den unterschiedlichen Gruppen von Anwohnenden schlagen möchten.“

Gemeinsam mit Vertreter*innen des Bezirksausschuss 24 und weiterer engagierter Nachbar*innen konnten viele Projekte bereits weiter bearbeitet werden. „Unsere Beteiligungsangebote sind keinesfalls als Konkurrenz zu lokalpolitischen Institutionen und Gesprächsangeboten zu sehen“, betont Gereon Kugler. „Wir wollen vielmehr die Weichen für eine gleichberechtigte Teilhabe und ein niederschwelliges Mitgestalten stellen“.

Ein aktives Miteinander entwickeln

In den Straßen im Münchner Norden leben viele Menschen, die gleich in mehrfacher Hinsicht benachteiligt sind. Soziale Problemlagen überlagern sich, die Menschen stehen vielen verschiedenen Herausforderungen gegenüber. Viele der Anwohnenden sind damit überfordert, insbesondere, wenn finanzielle Probleme hinzukommen. Im Hasenbergl kämpfen die Anwohnenden häufig gleich mit verschiedenen Problemen: Verschuldung, hohe Arbeitslosigkeit oder nur schlechte berufliche Stellung, hoher Migrationsanteil und durchschnittlich niedriger Bildungsstand. Hier scheint sich zu bestätigen: Wer sozial abgehängt ist, nutzt seine Chancen zur Teilhabe nur eingeschränkt. So viele Nicht-Wähler wie hier, gibt es in keinem anderen Teil der Stadt, stellte Mitte September die Süddeutsche Zeitung fest. Eine These, die auch die Teilnehmenden des Bürger*innenrats im Mai  teilen. „Der Workshop war ein wertvoller Anfang, viele Themen sind zusammengekommen. Das Hasenbergl ist besser als sein Ruf, aber die Leute müssen mitmachen, sich engagieren und aktiv an den vielen Angeboten teilnehmen. Beim Miteinander ist noch Luft nach oben", fasst Ralph Wiegand, einer der Bürger*innenräte, zusammen. Wiegand lebt erst seit knapp zwei Jahren im Quartier im Münchner Norden, setzt sich aber umso engagierter für eine lebendige Nachbarschaft ein. „Wir als Bürger*innen sind gefragt, aufeinander aufzupassen. Wir haben gerade ein Problem des Miteinanders“, erklärt Jörg Roeber, der ebenfalls als Themenpate ein wichtiges Projekt beim Bürger*innenrat übernommen hat.

Alle Stimmen hören

Aber wie kann es gelingen, ein Miteinander zu entwickeln? Wie können die strukturellen Probleme gelöst werden, wenn nur wenige Anwohnende ihre Stimme nutzen? „Wir setzen hier auf Mitmach-Angebote, bei denen auch die Menschen gehört werden, die sonst weniger zu Wort kommen oder nur mit leiser Stimme sprechen“, informiert Gereon Kugler. „Wir laden alle Anwohnenden in unserem Sozialraum ein, unabhängig ihres Alters, Geschlechts, unabhängig von Kultur und Religion. Wir laden sie zu einem zusammen.tun. in ihrem Quartier ein und stärken dadurch auch ihre gesellschaftliche Teilhabe“.

Die Gestaltung eines Miteinanders steht deshalb auch im Mittelpunkt des Bürger*innenrats, zu dem Vertreter*innen der Diakonie Hasenbergl und der Evangeliumskirche Hasenbergl einladen. „In welchem Miteinander möchten wir uns gegenseitig unterstützen, uns wohlfühlen und für einander da sein? Welche Rollen spielen dabei die Kirchen im Münchner Norden? – das sind deshalb die Fragen, mit denen wir uns mit den Anwohnenden austauschen möchten. Auch wenn die Entwicklung unserer Diakoniekirche dabei im Mittelpunkt steht, freuen wir uns auf ein gemeinsames Denken mit Menschen aller Glaubensrichtungen. Gerade im Münchner Norden leben viele Menschen unterschiedlicher Kulturen und Konfessionen zusammen, die wir einladen möchten, unser Miteinander zu gestalten“, erklärt Sophie Schuster. Die Pfarrerin ist gleichzeitig Projektleiterin der Diakoniekirche. „Die Welt verändert sich und die evangelische Kirche verändert sich mit. In vielen Gesprächen hören wir, dass christliche Werte für viele Menschen sehr wichtig sind. Diese Werte tragen wir in uns und sie sollen in München, hier in unseren Gemeinden sichtbar werden und als Ausdruck verschiedener, ganz individueller Ideen und Gedanken in das Projekt Diakoniekirche münden. Die Evangeliumskirche auf dem Weg zu einer Diakoniekirche will ein Ort der Begegnung und gelebten Nächstenliebe sein, um so den Menschen hier in unseren Gemeinden wieder eine Sicherheit zu bieten, die Zuversicht, gemeinsam im Miteinander die Herausforderungen der Zeit zu meistern“. 

Die fast sechzigjährige Geschichte der Diakonie Hasenbergl ist untrennbar mit der Evangeliumskirche verbunden. „Dass wir uns nun gemeinsam auf den Weg zu einer Diakoniekirche machen, ist für uns ein deutliches Beispiel für gelebte Partizipation und enge Zusammenarbeit. Aus dieser immer schon andauernden Kooperation von Evangeliumskirche und Diakonie Hasenbergl sind nicht nur wichtige Einrichtungen entstanden, mit vielen gemeinsamen Veranstaltungen, Aktionen und Projekten sind wir gemeinsam für die Menschen im Stadtteil da. Wir wissen, was die Menschen vor Ort bewegt und kennen ihre Bedarfe. Wir hören zu und geben gleichzeitig vielen Menschen, die aus verschiedenen Gründen oft nicht gehört werden, gemeinsam eine Stimme. Und so bewegen wir mit innovativen Projekten eine Veränderung sozialer Belastungen und Schieflagen“, erklärt Gereon Kugler. „In unseren Einrichtungen unterstützen wir die Menschen, die zu uns kommen, nicht nur, sondern wir motivieren sie auch, selbst aktiv zu werden und für sich eine gleichberechtigte Teilhabe einzufordern“.

„Welches Miteinander brauchen wir?“ Die Ideen und Projekte des Bürger*innenrats  können in einem 1,5 tägigen Workshop am 6./7. Oktober 2023 – mit der Methode Dynamic Facilitation – erarbeitet und im Rahmen einer Abschlussveranstaltung am 12. November der Öffentlichkeit präsentiert werden. Der Workshop steht unter dem Motto „Das Wir zur Wirkung bringen“ und ist ein wichtiger Teil des Dynamic Facilitation Jubiläumswochenendes, das vom 6. - 8. Oktober 2023 am Stanigplatz gefeiert wird. 

Weitere Informationen und Anmeldung gibt es unter www.diakonie-hasenbergl.de/das-wir-zur-wirkung-bringen bzw. https://dynamicfacilitation.org/das-wir-zur-wirkung-bringen/.

Was für ein Miteinander brauchen wir und wie kann sich die Diakoniekirche zu einem Ort der Begegnung und gelebten Nächstenliebe weiterentwickeln? Diakonie Hasenbergl und Evangeliumskirche München laden im Rahmen des 5jährigen Jubiläums des Dynamic Facilitation Vereins zu einem Bürger*innenrat ein. Dabei ist der 1,5 tägige Rat nur eine von vielen spannenden Programmpunkten, die die Organisator*innen zusammengestellt haben.

Das vielseitige Programm und alle Informationen zur Anmeldung gibt es unter https://dynamicfacilitation.org/das-wir-zur-wirkung-bringen/.