“Wir müssen uns trauen, die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen neu zu denken“

In den Kindertageseinrichtungen zwischen Schleswig-Holstein und Bayern fehlen, so eine Erhebung des Deutschen Städtetags, bis 2030 mehr als 230.000 Fachkräfte. Fast jeden Tag verschärft sich die Situation. „Diesen Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden spüren auch wir in allen unseren elf Kindertageseinrichtungen der Diakonie Hasenbergl. Die  Personalnot lähmt den Alltag in unseren Häusern. Wir möchten weiterhin für die Bildung und Erziehung der Kinder da sein und unserem gesetzlichen Auftrag nachkommen. Dafür haben wir bereits verschiedene Maßnahmen zur Anwerbung und Bindung unserer Mitarbeitenden entwickelt und umgesetzt“, berichtet Christine Hofner, Bereichsleitung Kindertageseinrichtungen in der Diakonie Hasenbergl. Christine Hofner ist selbst Erzieherin und beobachtet seit Jahren mit Sorge die dramatische Entwicklung. „Arbeitsbelastung und erschwerte Rahmenbedingungen während der Pandemie, aber auch die zum Teil prekäre Personalausstattung  erschweren es, den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden.“ So steigt die Unzufriedenheit der Beschäftigten in Kitas, ausreichend qualifizierte Bewerber*innen zur Entlastung sind nicht in Sicht. Inzwischen finden zwar bundesweite Appelle von Erzieher*innen mehr und mehr Gehör, wurden kurzfristige Qualifizierungsangebote entwickelt. Wohlfahrtsverbände, Träger und Gewerkschaften setzen sich angesichts drohender Einrichtungsschließungen für ein rasches Handeln und konzertierte Anstrengungen aller politischen Ebenen zur Qualitätsentwicklung und Fachkräftegewinnung ein. „Schon jetzt zeichnet sich ab, dass eine qualitativ hochwertige Pädagogik, für die unsere Mitarbeitenden einmal motiviert den Beruf ergriffen haben, so nicht mehr möglich ist. Wir müssen die Rahmenbedingungen und Strukturen anschauen, in denen unsere pädagogischen Kräfte arbeiten und, wenn nötig, die Arbeit in den Kindertageseinrichtungen neu denken“.

Die Personalnot erschwert  den gewohnten Alltag in den Kindertageseinrichtungen, immer öfter können geplante Angebote nicht durchgeführt werden. „Wir können und wollen nicht nur warten und tatenlos zusehen, bis andere für uns die notwendigen „Lösungen“ bereitstellen. Deshalb haben wir unsere Mitarbeitenden in den Kindertageseinrichtungen zu einem besonderen Workshop eingeladen. Wir haben gemeinsam Ideen gesammelt, wie wir uns den Herausforderungen des Fachkräftemangels stellen und wie wir uns in naher Zukunft, aber auch mittel- und langfristig aufstellen und positionieren wollen, um qualitativ hochwertige Pädagogik sicherzustellen.“

„Die Herausforderung ist groß. Wie können wir in der Diakonie Hasenbergl gemeinsam dafür sorgen, dass wir in Zukunft wieder sinnvoll und zufriedenstellend in unseren KiTas arbeiten können?“ lautete die Kernfrage, zu der sich mehr als 100 Mitarbeitende einen ganzen Tag lang in verschiedenen Arbeitsgruppen austauschten. „Es war uns wichtig, die notwendigen Schritte nicht einfach „von oben“ für die Mitarbeitenden zu entscheiden, sondern gemeinsam mit ihnen zu entwickeln“, erklärt Hofner. Die Kindertageseinrichtungen wurden an diesem Tag geschlossen, die Familien lange im Vorfeld über das Vorhaben informiert. Mehr als 100 Mitarbeitende nahmen motiviert an der Veranstaltung teil und entwickelten viele wertvolle und gleichzeitig praktikable Ideen und Vorschläge, die nun in Arbeitsgruppen weiter verfolgt werden. „Wir haben wieder einmal festgestellt, dass wir in unseren Kindertageseinrichtungen und auch in anderen Bereichen der Diakonie Hasenbergl mit vielen motivierten Mitarbeitenden zusammenarbeiten, die jeden Tag mit viel Herzblut, Engagement und Expert*innenwissen unsere Kinder dabei begleiten, die Welt zu entdecken. Dass wir gemeinsam jeden Tag einen wertvollen Beitrag für die Entwicklung unserer Gesellschaft leisten“, freut sich Dr. Stefan Fröba, Vorstand der Diakonie Hasenbergl. Er hatte gemeinsam mit Hofner zum Workshop eingeladen und stand den Mitarbeitenden am Veranstaltungstag für Fragen und Erklärungen zur Seite. „Wir können keine Fachkräfte zaubern. Umso wichtiger war und ist es, herauszufinden, welche Maßnahmen wir in der Diakonie Hasenbergl alleine anpacken können und bei welchen Themen und Fragestellungen wir den Schulterschluss mit anderen Trägern und die Unterstützung der politischen Entscheider*innen benötigen. Dieses zusammen.tun ist nicht nur das Leitmotiv unseres Unternehmens sondern auch ein Synonym für die gelebte Partizipation in der Diakonie Hasenbergl. Und so hat der Workshop auch eine große Motivation ausgelöst, die Arbeit in unseren Kitas einfach einmal neu zu denken“. Einrichtungsübergreifend setzen sich die  Kolleg*innen der Kindertageseinrichtungen und anderer Bereiche des Trägers in verschiedenen Arbeitsgruppen mit diesen Themen auseinander: Öffnungszeiten, Arbeitszeitmodelle und Personalgewinnung. Andere Gruppen definieren noch einmal die pädagogischen Standards der Einrichtungen sowie der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft.

Personalgewinnung und –bindung fest im Fokus

Um Entlastung zu schaffen, bietet die Diakonie Hasenbergl seit  2021 u.a. die Weiterbildung für Tagespflegepersonen zu Assistenzkräften an. „Mit der Weiterbildung zur Assistenzkraft können Tagespflegepersonen als Unterstützungskraft in Kitas arbeiten, für unsere Kolleg*innen ist das eine wertvolle Maßnahme. Darüber hinaus haben wir noch einmal unsere Prozesse zur Personalgewinnung und Mitarbeitendenbindung unter die Lupe genommen“, berichtet Christine Hofner. Die Gewinnung und –bindung von pädagogischen Mitarbeitenden spielt eine zentrale Rolle in der Diakonie Hasenbergl. Personalentwicklung, Marketing und Recruiting arbeiten eng zusammen. In der Diakonie Hasenbergl ist man sich der gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und arbeitet an einem vielseitigen Maßnahmenpaket. Dazu gehörten eine große Recruiting Kampagne ebenso wie interne Weiterbildungs- und Anerkennungsprogramme. „Lösungen können nur im Schulterschluss mit unseren Mitarbeitenden, aber auch den Familien, vor allem den Elternbeiräten und Kooperationspartner*innen auf der anderen Seite gelingen. Nur wenn alle Interessensparteien an einem Strang ziehen, wird es auch in Zukunft gelingen, den Kindern eine qualitative Betreuung und Bildungsmaßnahmen zukommen zu lassen.“